Puzzle
Warhols Dokumentationen von glamourösen Selbstdarstellern aus dem internationalen Jet Set und aus dem Umkreis der Factory zitiert Robert Zahornicky, wenn er in der Serie „Puzzle“ Polaroids zu hybriden Ansichten von Menschen aus seinem Bekanntenkreis collagiert. „Kati B.“, die sich Mannequin an-, um- und auszieht, zelebriert die Lust an der Inszenierung des Selbst. Aus den separaten Aufnahmen einzelner, unterschiedlich bekleideter Körperpartien fügt der Künstler anschließend die vielteilige Ansicht eines ganzen Menschen zusammen. Jede Partie ist (im Gegensatz zur unbewussten Wahrnehmung) gleichberechtigt im Fokus. Als Nahtstelle der einzelnen Darstellungen trennt der weiße Rahmen der Polaroids und eint doch gleichzeitig die Fragmente zum Bild einer differenzierten Persönlichkeit. Das Individuum erscheint als ein vielgestaltiges Wesen, das sich nicht in einem einzigen fotografischen Moment vermittelt. Identität wird bereitwillig zur gespielten Rolle.
Barbara Lauterbach
Katalin Z, 10 x Vintage Polaroid SX 70, 45 x 17 cm · 1983
Christine G, 10 x Vintage Polaroid SX 70, 45 x 17 cm · 1982
Haus der Künstler
Es war die Bekanntschaft mit Johann Feilacher, Anfang der 80er Jahre Medizinstudent und als Maler aktiv und heute Leiter vom „Haus der Künstler“ in Maria Gugging, die Zahornicky die Idee entwickeln ließ, eine umfangreiche Serie über die Bewohner der früheren „Heil- und Pflegeanstalt Gugging“ im Wienerwald zu erarbeiten. Der damalige Anstaltsleiter und Psychiater Leo Navratil begrüßte die Fotoaktion, die sich über fast zwei Jahre erstrecken sollte. Etwa 15 Patienten lebten und arbeiteten zu dieser Zeit im sogenannten „Zentrum für Kunst–Psychotherapie“, die als Schriftseller und bildende Künstler schon bekannt waren und geschätzt wurden. Neben Porträtaufnahmen in ihren Privatzimmern oder Aufenthaltsräumen erzählen die Bilder Zahornickys auf sehr diskrete Weise und ohne voyeuristisch zu sein von Momenten des täglichen Lebens: Gemeinsam essen, diskutieren, ausruhen, über die eigene Kunst erzählen.
Hartwig Knack
House of Artists
It was his acquaintance with Johann Feilacher, an active sculptor since the mid-eighties and currently director of the House of Artists in Maria Gugging, that prompted Zahornicky to compile an exhaustive series on the inmates in the former psychiatric hospital Gugging in the Vienna woods. The psychiatrist Leo Navratil, who was head of the institution at the time, welcomed the photo project that ultimately extended over some two years. At the time, some 15 patients were living and working in the so-called Centre for Art and Psychotherapy; they were already known and acknowledged as writers and visual artists. In addition to the portraits taken in the inmates' private quarters or in the communal day room, Zahornicky's photographs provide, in a very discreet manner and without any trace of voyeurism, glimpses of everyday life: eating communally, discussing matters together, resting and talking about their own particular art.
Hartwig Knack / Translated by Peter Lillie
Haus der Künstler, Gelatine silver print, 20 x 30 cm · 1985/86
August Walla, Gelatine silver print, 20 x 30 cm · 1985/86
Oswald Tschirtner, Gelatine silver print, 20 x 30 cm · 1985/86
Ernst Herbeck & Rudolf Horacek, Gelatine silver print, 20 x 30 cm · 1985/86
A. Fischbach, F. Kamlander, J. Hauser, Gelatine silver print, 20 x 30 cm · 1985/86
Johann Garber, Gelatine silver print, 20 x 30 cm · 1985/86
Der Morgen danach
Die Fotoserie „Der Morgen danach“ (1980) war 1981 im Künstlerhaus Wien im Rahmen der „Dritten freien Wiener Kunstausstellung“ zu sehen. Der Grundgedanke war, die Zeitspanne des Wachwerdens und Aufstehens nach einer langen Nacht mittels Langzeitbelichtungen einzufangen. Der Künstler legte ein Notizheft auf, in das sich potentielle Käufer mit Namen und Adresse eintragen konnten. Im Ergebnis wurde Zahornicky hauptsächlich mit Beschimpfungen und Abwertungen seiner Kunst konfrontiert, die er im Nachhinein als konstituierendes Element in das Konzept der Arbeit aufnahm.
Hartwig Knack
The Morning After
Another photo series The Morning After (1980) was exhibited at the Third Free Viennese Art Show in 1981. The basic aim was to use a long-exposure approach and capture the period between waking up and actually getting up after a long night on the tiles. So that potential clients might provide their contact details, the artist left a notebook. Instead, visitors repurposed the notebook and Zahornicky found himself confronted with insults and abusive remarks about his art, all of which he subsequently re-absorbed as a foundational element of the work.
Hartwig Knack / Translated by Peter Lillie
Der Morgen danach 1, Gelatin silver print, Format variabel · 1980
Der Morgen danach 2, Gelatin silver print, Format variabel · 1980
Der Morgen danach 3, Gelatin silver print, Format variabel · 1980
Der Morgen danach 4, Gelatin silver print, Format variabel · 1980
Muttern
Beim Essen, Trinken und Fabulieren hält der Künstler seine Mutter Leopoldine 1984 in einer umfänglichen Fotoserie fest. Ausgangspunkt war eigentlich die Idee, die spannenden Geschichten der Mutter audiotechnisch festzuhalten. Im Laufe der Jahrzehnte sind die Tondokumente verloren gegangen. Glücklicherweise hat Zahornicky schon früh Transkriptionen angefertigt, so dass die Erzählungen und Bonmots der resolut auftretenden Mutter, die sich hauptsächlich um ihren Arbeitsalltag und die Familie ranken, als schriftliche Dokumentation in österreichischem Dialekt teilweise erhalten geblieben sind.
Hartwig Knack
Mother
In an extensive series of photos Zahornicky captured images of his mother Leopoldine eating, drinking or telling stories. The initial idea behind the series was that of recording audio-technically the thrilling stories that his mother used to tell. Over the past few decades the tapes have gone missing. Fortunately enough Zahornicky had prepared transcripts from an early stage. As a result, the stories and wisecracks of a resolute mother woven around her daily routine and her family have been partially preserved in Viennese dialect.
Hartwig Knack / Translated by Peter Lillie
Muttern 2, Gelatin silver print, 20 x 30 cm · 1980
Muttern 5, Gelatin silver print, 20 x 30 cm · 1980
Muttern 10, Gelatin silver print, 20 x 30 cm · 1980
Muttern 12, Gelatin silver print, 20 x 30 cm · 1980
Spuren der Vergangenheit
War Museumsdirektor Dieter Ronte 1965 in Wien? Ein Foto von Robert Zahornicky macht es uns Glauben. Dieter Ronte hält ein Exemplar der einstigen Wiener Zeitung „Express“ vom 11. Mai 1965 in Händen: „Staatsbegräbnis für Leopold Figl: Freitag 11 Uhr“ lautet die Schlagzeile des „Express“ auf diesem Foto von Robert Zahornicky. Und dabei ist der Museumsdirektor Ronte erst 1979 von Köln nach Wien gekommen.
Zahornicky’s Vater präsentiert sich auf einem anderen Foto mit dem „Völkischen Beobachter“ vom 16. Juli 1943. Dies ist zeitlich möglich. Nur kann Jung-Zahornicky (geb. 1952) 1943 seinen Vater noch nicht fotografiert haben. Da hilft noch nicht einmal ein „früh übt sich, wer ein Meister werden will“. Was ist also los auf diesen Zahornicky-Fotos, auf denen sich jeweils eine Person (oft aus der Kunstszene oder in einer persönlichen Beziehung zu Zahornicky stehend) mit einer historischen Zeitung in den Händen präsentiert? (Interessant ist es übrigens, die verschiedenen Handhaltungen zu studieren.) Historische Dokumente sind diese Fotos keinesfalls, sondern eher das Gegenteil. Diese Serie, die 1985/86 entstanden ist, soll zunächst den manipulierten Charakter von (scheinbaren) Fotodokumenten untersteichen. Angeregt wurde Robert Zahornicky zu diesen Arbeiten, die oft im Zusammenhang durch sogenannte Terroristen veröffentlicht werden. Als Beweis dafür, dass der Entführte an einem bestimmten Tag – sagen wir beispielsweise den 11. Juni – tatsächlich noch unter den Lebenden ist, machen sie ein Foto von ihm, auf dem er eine bekannte Zeitung dieses Datums in Händen hält. Dieses Foto wird dann durch die Medien verbreitet.
Doch hier gibt es einen entscheidenden Unterschied von Robert Zahornicky’s Fotos zu den „Terroristen-Fotos“. (Wir können fast sagen, hier liegt ein Denkfehler vor.) Diese Fotos von Entführten mit der Tageszeitung eines bestimmten Datums in den Händen sind immer nur ein Beweis dafür, dass die abgebildete Person an diesem Tag auch tatsächlich noch lebt. Der Fotobeweis gilt logischerweise nur nach vorne, am 10. Mai kann z.B. keine Zeitung vom 11. Juni vorliegen. Zeitlich rückwärts ist dagegen jede Manipulation möglich. Doch der Glaube an die Beweiskraft von Fotos ist oft so groß, dass man diesen Trick nicht durchschaut.
Doch dies ist nicht der einzige Aspekt dieser „Terroristen-Fotos“. Es geht hier auch um „Inszenierte Fotografie“, um Selbstinszenierung der dargestellten Person.
Dies weiß ich von mir selbst.
Dieter Schrage
Alexander Borek, Gelatin silver print, 22 x 22 cm · 1986
Brigitte Lang, Gelatin silver print, 22 x 22 cm · 1986
Houchang Allahiari, Gelatin silver print, 22 x 22 cm · 1986
Johannes Faber, Gelatin silver print, 22 x 22 cm · 1986
Maria Karanitsch, Gelatin silver print, 22 x 22 cm · 1986
Stefan Weber, Gelatin silver print, 22 x 22 cm · 1986
Portraits
Die kongeniale Zusammenarbeit von Katalin und Robert Zahornicky bei manchen Projekten spiegelt sich einmal mehr in den Fotobildnissen wider, die meistens die Frau des Künstlers aufgenommen hat: Er erkennt die Situation, Katalin wählt die Position und drückt den Auslöser.
Hartwig Knack
Portraits
The congenial cooperation on numerous projects between Katalin and Robert Zahornicky is reflected once more in the photographs shot for the most part by his wife. Robert sounds out the situation; Katalin selects the position and releases the shutter.
Hartwig Knack / Translated by Peter Lillie
Polaroid Portrait, Vintage Polaroid SX-70, 10,5 x 8,7 cm · 11/1981
Polaroid Portrait, Vintage Polaroid SX-70, 10,5 x 8,7 cm · 10/1982
Polaroid Portrait, Vintage Polaroid SX-70, 10,5 x 8,7 cm · 6/1985
Polaroid Portrait, Vintage Polaroid SX-70, 10,5 x 8,7 cm · 2/1988
The Photographic Collector, C-Print, 20 x 20 cm · 2010
Bild Zeitung, C-Print, 20 x 20 cm · 2010
Der Marxist, C-Print, 20 x 20 cm · 2011
Trend, Das irre Geschäft mit der Kunst, C-Print, 20 x 20 cm · 2014
Vernissage
Schließlich ist der Künstler en vogue, und wir sind up to date. Nur sein Strich . . . der Strich . . . den müßt’ er noch verbessern. Ist ja grauenhaft . . . Hat der die Farbhandlung eigentlich aufgekauft?
Weißt Du, ich mag diese Modernen nicht. Abstrakt sein heißt ja noch lange nicht Künstler sein. Ja, die da, die mit Salami probier’ ich einmal. Köstlich, kann ich Dir sagen. Nur schad’, dass der Spargel schon aus ist.
Weißt was, wir gehen rüber, zum Max, so auf ein Glaserl. Wie heißt der Maler eigentlich? Naja, macht auch nix. Ach so, eine Künstlerin, das musst Du mir doch gleich sagen. Man blamiert sich ja sonst noch zu Tode . . .
Christoph Birò
Café Ring, Gelatin silver print, 18,5 x 28 cm · 1985
Galerie Würthle, Gelatin silver print, 18,5 x 28 cm · 1984
Galerie Yppen, Gelatin silver print, 18,5 x 28 cm · 1983
GGK-3, Gelatin silver print, 18,5 x 28 cm · 1984
Nächst St.Stephan, Gelatin silver print, 18,5 x 28 cm · 1984
Secession, Gelatin silver print, 18,5 x 28 cm · 1984
Performance Festival 1978
Valie Export 2, Gelatin silver print, Format variabel · 1978
Helmuth Schober 2, Gelatin silver print, Format variabel · 1978
Simone Forti 2, Gelatin silver print, Format variabel · 1978
Nitsch 4, Gelatin silver print, Format variabel · 1978
Stuart Brisley 1, Gelatin silver print, Format variabel · 1978
Joan Jonas 2, Gelatin silver print, Format variabel · 1978